Unter Betrachtung der aktuellen Diskussionen um den Wandel der Lernkulturen (vgl. Arnold u. Schüßler 1998) werden in der Erwachsenenbildung neue ermöglichungsdidaktische Lernformen in hohem Maße als lernförderlich empfohlen. Unter Lernformen kann man sich einen offenen Zugriff auf spezifisch strukturierte Lernaktivitäten von Individuen vorstellen, die in gestalteten und nicht gestalteten Lern- und Arbeitssituationen zu Lern- und Bildungsprozessen führen sollen. In der beruflichen Aus- und Weiterbildung werden vor allem Formen des dezentralen und damit arbeitsintegrierten und selbst organisierten Lernens als innovativ bezeichnet. Lernformen ermöglichen in unterschiedlicher Art und Weise die Generierung und Verarbeitung unterschiedlicher Wissensformen und leiten das Handeln an. Als Teil einer gestalteten Lernkultur sind sie zu konzeptionieren, denn erst die Balance der verschiedenen Lernformen in gestalteten Settings verweist auf ein gestaltetes Lernkulturkonzept. Nach Robak (2012, S. 198f.) sind im aktuellen Lernkulturraster folgende Lernformen in den verschiedenen Formen der Weiterbildung und Personalentwicklung zu unterscheiden:
Die globale Entwicklung prägt die sogenannte Wissensgesellschaft derzeit dahingehend, dass Menschen neben dem Erfahrungswissen und den regelmäßigen Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen, sich Wissen über Netzwerke, Datenbanken etc. besorgen müssen, um die täglichen Aufgaben in der beruflichen Praxis erfüllen zu können. George Siemens (2006) nennt das „learning as network-creation“. Aus Sicht des Konstruktivismus ist Lernen ein Prozess, bei dem Wissen selbstgesteuert interpretiert und individuell konstruiert wird. Folglich kann unter konstruktivistischen Bedingungen das Lernen am Arbeitslatz gefördert werden, sodass durch selbstorganisierte Aneignung von Wissen und Kompetenzen die angestrebte Verbindung von Lernen und Arbeiten erreicht werden. Selbstorganisiertes Lernen und damit lebenslanges Lernen kann nur erfolgreich realisiert werden, wenn die Lernprozesse entsprechend den individuellen Problemstellungen, dem Wissensstand, der Lernerfahrung und Lerngeschwindigkeit sowie der Motivation jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters gestaltet werden. Nach Siemens (2006, S. 29f.) wird der Lerntransfer dadurch verbessert, indem komplexe Aufgaben in der Umgebung bearbeitet werden, die sich den natürlichen Verhältnissen der Realität annähern. Auch hier berücksichtigt der Ansatz des Konnektivismus „die wachsende Tendenz der Lerner zu informellem, vernetztem und elektronisch gestütztem Lernen“. Lernformen stellen also ein zentrales Strukturelement von Lernkulturen dar, sie sollen den Anforderungen an sich wandelnde Arbeitsprozesse gerecht werden und vor allem sollen sie begleitend zur Modernisierung gestaltet sein. Diese Gegebenheiten haben Auswirkungen auf die Lehr- und Lernkultur. Führungskräfte, die der sogenannten „Net-Generation“[1] angehören, bedürfen an deren Anforderungen angepasste Gestaltungen der Lernarrangements. Nach Siemens (2006, S. 161f.) werden jedoch der Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus diesen Veränderungen nicht mehr gerecht. Aus diesem Grund werden nachfolgend die Grundsätze für die Konzeption von Lernarrangements aufbauend auf dem Ansatz des Konnektivismus vorgestellt:
[1] „Net-Generation“ oder „Digital Natives“ bezeichnet die Generation, die bereits in einer digitalen Welt aufgewachsen ist. Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es sich hierbei um eine unzulässige, stark überzeichnete Generalisierung der Eigenschaften junger Menschen handelt (vgl. Sauter u. Sauter 2013, S. 294). Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Lernformen sowie ihre Kernelemente.
Die betriebliche Bildung wurde in den vergangenen Jahrzehnten also vor allem durch die Ansätze des Behavorismus, des Kognitivismus und des Konstruktivismus geprägt. Es gibt aber inzwischen eine neue Art des Lernens den Konnektivismus.
Behaviorismus: Verhalten initiieren… geht von einem Lehrmodell aus, nach dem „befähigte, wissende Personen noch nicht befähigte, nicht wissende Personen zu einem bestimmten Verhalten bringen. Die Lerntheorie des Behaviorismus konzentriert sich in erster Linie auf die Vermittlung relativ abstrakten Faktenwissens (know that), das quasi als erstes Orientierungswissen bei den Lernenden aufgebaut werden soll.
Klare Rollenverteilung zwischen Lehrer und Lernende mit relativ einseitiger Sender –Empfänger Beziehung. Lehrende sind aktiv – Lernende eher passiv. Frontalunterricht, Folienvorträge, Tafelbilder usw. Kognitivismus: Zielgerichtete Handlungen ...hier werden die Aktivitäten der Lernenden als integrativer Teil des Lernprozesses gesehen, der von ihnen selbst geplant, überprüft, reflektiert und korrigiert wird. Die kognitive Psychologie beschäftigt sich mit der Frage, wie Menschen ihre Erfahrungen strukturieren, ihnen Sinn beimessen und wie sie ihre gegenwärtigen Erfahrungen zu vergangenen, im Gedächtnis gespeicherten Erfahrungen in Beziehung setzten. Diese Lerntheorie beschreibt Lernen als einen Prozess des aktiven Wahrnehmens, Erfahrens und Erlebens. Im Gegensatz zur behavioristischen Lerntheorie wird im Kognitivismus der Lernprozess selbst und nicht nur dessen Ergebnis betrachtet. Lernen erfolgt dabei durch Einsicht. Kritisiert wird das Modell, weil es den emotionalen Einflussfaktoren und damit der Interiorisation von Werten eine zu geringe Bedeutung beimisst. Es wird meist eine laborähnliche Situation entwickelt, in der die Problemstellungen auf das Vorwissen und die Fertigkeiten der Lernenden ausgerichtet werden. Deshalb sind sie mit wirklichen Problemstellungen in der Praxis kaum vergleichbar. Konstruktivismus – Wissen generieren, strukturieren Entscheidungssituationen im realen Leben sind komplex, dynamisch, unübersichtlich und spezifisch, so dass keine eindeutige Lösung möglich ist. Die zentrale Frage in diesem Modell lautet, wie die Lernenden zu einer eigenständigen Identifikation und Lösung von Problemen geführt werden können. (Knowing-in-action) Menschliche Kognition wird dabei nicht nur als reine Informationsverarbeitung gesehen, sondern als Konstruktion von Wissen. Wissen ist in dieser Theorie an das Individuum gebunden und spiegelt die erlebte Wirklichkeit wider. Es wird dynamisch in einen Akt des Erkennens und Erfahrens generiert und nicht fest gespeichert. Deshalb kann es nur an andere übermittelt werden, wenn es rekonstruiert wird. Lernen ist ein aktiver, situativer und sozialer Prozess, bei dem das Wissen selbstgesteuert interpretiert und konstruiert wird. Unter kontruktivistischen Bedingungen kann das Lernen am Arbeitsplatz gefördert werden. Selbstorganisiertes Lernen und somit auch lebenslanges Lernen kann erfolgreich realisiert werden, wenn die Lernprozesse entsprechend den individuellen Problemstellungen, dem Wissensstand, der Lernerfahrung und Lerngeschwindigkeit sowie der Motivation jedes einzelnen Mitarbeiters gestaltet werden. Schwerpunkt dieser Theorie ist die Lösung von vorgegebenen Problemstellungen. Es wird davon ausgegangen, dass Lernen ein individueller Prozess ist, bei dem Wissen jeweils individuell konstruiert wird. Lernen ist ein:
Konnektivismus – Lernen im Netz(werk) Dieser Ansatz berücksichtigt die wachsende Tendenz der Lerner zu informellem, vernetztem und elektronisch gestütztem Lernen. Hierbei haben sich inzwischen eine Vielzahl von Begriffen entwickelt: Net Generation, Net Gen Learner, Net-Kids, Screenager, Homo zapiens, (Video) Games Generation, Generation Nintendo, D Generation (D=Digital), Digital Learner/Digital Worker, Digital Natives vs. Digital Immigrants, Computer native Generation, Generation C (C=Content), Produsage/Produser, Unter 30 Generation, Millennials oder Internet-Generation, Generation@. Dieser Trend wird insbesondere durch das veränderte Kommunikationshandeln z.B. mittels I Phone, Mail, Blogs, die wachsende Do-it-yourself-Kultur, u.a. bei der Buchung von Flügen, sowie die zunehmende Auswahlmöglichkeit an Medien und Kommunikationskanälen geprägt. Die Zugehörigkeit zur Net Generation wird vor allem durch das Ausmaß an digitalen Mediennutzung bestimmt und nicht wie oft angenommen, aufgrund des Alters. Entscheidende Merkmale für die Nähe zur „Net Generation“ sind:
Die Lernvoraussetzungen der „Net Generation“ bewirken neue Anforderungen an die Lernsystem und an die Lerner:
Dennoch beinhalten diese Veränderungen auch Gefahren, die über die Gestaltung der Lernarrangements weitgehend aufzufangen sind:
In meinem Buch "Leadership 2.0" Interkulturelle Kompetenzentwicklung für Führungskräfte im Web 2.0" (erhältlich auf Amazon) wird das ausführlich methodisch-didaktische Konzept eines Web-basierten Arrangements zur Kompetenzentwicklung von Führungskräften in Leadership-Programmen“ vorgeschlagen. Der hier in diesem Blogbeitrag vorgestellte Ansatz des Konnektivismus stellt nur eine Basis dar, ist aber als guter Einstieg für eine erfolgreiche Umsetzung von Weiterbildungsmaßnahmen in Organisationen zu betrachten. Danke. Ihre Doreen Anette Ullrich
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AutorDOREEN ANETTE ULLRICH, MA; FOUNDER & CEO at NDBC CO., LTD. ; NDBC (SHANGHAI) CO., LTD. & MYWAY GMBH Archiv
July 2018
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